Softcover, 206 Seiten, farbige Abbildungen, Frauenfeld 2007, sehr gut
Die junge Ethnologin Katharina Gernet ist fasziniert, als sie auf einer Forschungsreise auf der russischen Halbinsel Kamtschatka mitten im Wald und Tagesmärsche von den nächsten Siedlungen entfernt eine Jurte und ein Holzhäuschen mit Gemüsebeeten entdeckt, die von einer kleinen alten Frau bewohnt und bewirtschaftet werden, die dort seit Jahrzehnten allein und offenbar in stiller Zufriedenheit ihr Auskommen findet.
Nach und nach erfährt die Ethnologin die Lebensgeschichte der alten Frau, die ihr schließlich sogar ihre Tagebücher anvertraut. Diese Dokumente eines von unermüdlicher Arbeit, Bescheidenheit und Willenskraft geprägten Lebens in der rauen Natur des russischen Fernen Ostens wurden für dieses Buch erstmals ins Deutsche übersetzt und durch viele Hintergrundinformationen, Fotos und Karten anschaulich gemacht.
Großmutter Alla, 1936 geboren, wurde im Sowjetstaat zum nützlichen Mitglied der Kolchose erzogen. Ihre Familie, die dem Volksstamm der Korjaken angehört, musste zwei Zwangsumsiedelungen an «weniger abgelegene» Orte über sich ergehen lassen. Erst als Erwachsene lernt Alla durch ihren Mann, einen ewenischen Jäger, das Leben im Wald kennen. Das Paar bezieht ein Jagdquartier inmitten der Wildnis. Trotz aller Entbehrungen und Gefahren, die die schneereichen, einsamen Winter mit sich bringen, kann sich Alla nach dem frühen Tod ihres Mannes und dem Heranwachsen des Sohnes kein anderes, bequemeres Leben mehr vorstellen. Zusammen mit ihren Hunden bleibt sie als Fallenstellerin, Fischerin und Jägerin in der Jurte am Schanutsch-Fluss.
Freundschaft und Respekt verbinden Alla mit den Lebewesen des Waldes – Stechmücken ausgenommen, wie die seltenen Klagen in ihrem Tagebuch bezeugen. Ihre Notizen, in denen sie zunächst nur ihre Fang- und Jagderfolge verbucht, wachsen sich mit den Jahren zu einem persönlichen Lebensbericht aus, in dem sie ihre Freuden, ihre Sorgen und vor allem unzählige Naturbeobachtungen festhält.
Regen Anteil nimmt sie am Familienleben ihrer unmittelbaren Nachbarn – aus gebührendem Abstand allerdings, denn es handelt sich um eine Familie von Bären.