Hardcover, 171 Seiten, 4 Farbtafeln und 33 Fotos, Berlin 1965, gut
Eine Theatertradition, die auf vierhundert Jahre ununterbrochener Existenz zurückblicken kann und die als wichtiges ästhetisches Ausdrucksmittel ihres Volkes in hoher Blüte steht, ist sicherlich ein seltenes Phänomen. Diese Erscheinung ist besonders schätzenswert in einer Welt, die von Veränderungen, Revolutionen und Wechselfällen aller Art geschüttelt wird. Das Griechische und das Skakespeare-Drama sowie (in geringerem Ausmaß) die Komödie sind die einzigen westlichen Parallelen zu Japans Theaterkunst, zum No-Spiel, dem Puppenspiel Bunraku und dem Kabuki. Während aber die ersten beiden Theaterformen ihre Inspiration aus älteren Traditionen empfingen, die der verschmelzende und verbindende Geist des japanischen Volkes aus fremden Quellen entlehnte und verarbeitete, wurde Kabuki an eigenen Ufern geboren, oder vielmehr im kieseligen Flußbett des Kamo, des Stromes, der durch die alte Hauptstadt Kyoto und damit durch das Herz Japans fließt. Kabuki begann als weiblicher Unterhaltungstanz, durchlief verschiedene Stadien und Veränderungen, formte sich selbst um, und, was sogar noch wichtiger ist, es überlebte die starren Regeln einer unbeugsamen Gesellschaftsform, bis es mit Beginn der Meiji-Ära eine einzigartige ästhetische Vollkommenheit erlangte.