Softcover, 233 Seiten, Konstanz 1996, neu
Lama Govinda, der aus Deutschland stammende Emst Lothar Hoffmann,
kann zu Recht als ein „großer Mittler zwischen Ost und West“ beschrieben
werden. Dieses ist nur eine von vielen treffenden Charakterisierungen, die
sein Schüler Advayavajra (Karl-Heinz Gottmann, geb. 1919) über seinen
Gum (Lehrer) gibt. Govinda hatte 1982 Advayavajra zu seinem Nachfolger
und damit zum Leiter des, 1933 in Indien ins Leben gerufenen buddhisti
schen Ordens Arya Maitreya Mandala bestellt. Der mit Sorgfalt und Liebe
zum Detail von Detlef Kantowsky zusammengestellte Band beginnt daher
auch mit einer ausführlichen „biographischen Skizze“ (S. 13-30) durch Ad
vayavajra. Der lebendigen Beschreibung des so wechselvollen Lebens
Govindas schließen sich Auszüge aus dem Schaffenswerk Govindas an
(S. 31-175), u.a. Govindas Frühschrift Die Praxis der Meditation von 1920,
Govindas Darlegung der Gründe „Warum ich Buddhist bin“ und das bis
lang unveröffentlichte Nachwort Govindas zu seinem ‘Vermächtniswerk’
Lebendiger Buddhismus im Abendland (1986).
Im Anschluß an diesen inhaltlichen Teil folgen eine übersichtlich aufbe
reitete Bibliographie der Schriften Govindas sowie der Abdruck persön
licher Dokumente Govindas (S. 190-200): So ist der britische Paß von 1938
abgelichtet, ausgestellt auf den Ordinationsnamen Anagarika Brahmacari
Govinda. Daß der Antrag auf Einbürgerung zuvor negativ bescheinigt wur
de, wird durch Akten der britischen Regierung in Indien deutlich: Govinda
wurde 1936 vom britischen Geheimdienst verdächtigt, „some sort of agent
representative of the German Government“ zu sein (S.210). Erst nach der
Intervention durch die Schwester von Jawaharlal Nehru, Mrs. Pandit, wurde
Govinda britischer Staatsbürger, jedoch schützte ihn dieses nicht davor,
‘antibritischer Umtriebe’ verdächtigt und 1940-45 interniert zu werden.
Der Band, benannt nach Govindas bekanntem Buch von 1969, versam
melt z.T. schwer zugängliche oder bislang unpublizierte Materialien. In die
ser Hinsicht setzt dieser 12. Forschungsbericht die bisherigen Studien in ge
wohntem Materialreichtum fort: Verwiesen sei insbesondere auf die drei
von Hellmuth Hecker zusammengetragenen Bände, die Lebensbilder deut
scher Buddhisten (Nr. 1 u. 5, 1990, 1992) und Der erste deutsche Bhikkhu
(Nr. 10, 1995, Rezension im Internationalen Asienforum, 27, 3-4, 1996,
S. 376-378), sowie auf die von Detlef Kantowsky erstellten Bände zum
90. Geburtstag Nyänaponikas (Nr. 3, 1991), die Wegzeichen-Interviews mit
378 Reviews
10 Buddhisten (Nr. 4, 1991) und die Aufzeichnungen K.E. Neumanns bei
dessen Besuch in Indien und Ceylon 1894 (Nr. 9, 1994). Für die Erfor
schung der Rezeptionsgeschichte des Buddhismus in Deutschland und der
Beziehung der frühen deutschen Buddhisten zu ihren als Vorbilder gesehe
nen Buddhistenbrüdem in Südasien sind diese Studien von großem Wert.
Sie sichern nicht nur ansonsten der Vergessenheit oder gar dem Verlust ge
weihte Materialien und stellen sie einem größeren Publikum vor. Vielmehr
ermöglichen solche Detailstudien auch, bisherige große und womöglich zu
grob gezogene Linien der Rezeption klarer zu zeichnen und ggf. zu modifi
zieren. Die Forschungsreihe leistet damit gerade das, was unlängst der ame
rikanische Buddhismusforscher Charles S. Prebish als Forschungslücke im
Hinblick auf die amerikanische Situation benannte: die Anfänge der bud
dhistischen Bewegung und die soziologischen Hintergrunddaten ihrer Trä
ger aufzuarbeiten, um dadurch Entwicklungen und die gegenwärtige Situa
tion besser verstehen und einordnen zu können {Journal of Buddhist Ethics,
2, 1995, S. 132). In diesem Sinne kommt der Buddhismusforschung in
Deutschland mit ihrem hohen Grad an Selbstdokumentation und wissen
schaftlicher Aufarbeitung durchaus eine führende Rolle zu.