Hardcover, 199 Seiten, farbig illustriert, Zürich 2008, wie neu
Shiva ist eine der bedeutendsten Gottheiten des Hinduismus. Als Shiva Nataraja (sprich: 'Schiwa Nataradscha'), als König des Tanzes, bewegt er sich wild und leidenschaftlich und verfügt über zerstörerische Kraft. Insgesamt steht der tanzende Shiva für Schöpfung und Neubeginn, für Erhalt und Zerstörung zugleich. Er bestimmt den Rhythmus des Lebens und den Gang der Zeit.
Als Prozessionsbronzen sind Figuren des tanzenden Shiva in ein festgelegtes Ritual eingebunden. Alljährlich werden sie im Rahmen eines Festes im Dezember und Januar aus dem Tempel ins Freie getragen, um die dunkle Jahreszeit – den Winterwendekreis der Sonne – zu beenden.
Shiva Nataraja ist zu einer Ikone des modernen Hinduismus geworden. Nicht nur in Indien hat man sich mit dem tanzenden Gott intensiv auseinandergesetzt und ihn mit immer neuen Bedeutungen aufgeladen. Auch in Europa dient Shiva Nataraja als vielfältige Projektionsfläche. Eine erste grosse Welle des Interesses brach in den 1920er- und 1930er-Jahren aus, als Literaten und Künstler wie Hermann Hesse, August Rodin oder Romain Rolland, um nur einige Namen zu nennen, begannen, sich mit dieser Figur zu beschäftigen. In der Folge setzte eine breitere Rezeption ein und die Museen erwarben Skulpturen des tanzenden Shiva für ihre Sammlungen.
Der Katalog widmet sich einerseits der ursprünglichen und vielfältigen Bedeutung des tanzenden Shiva und zeigt auf, was die Figur früher in Indien bedeutete und welche Tradition, die weit in der Zeit zurückgreift, heute noch gelebt wird. Andererseits zeichnet er nach, wie es dazu kam, dass Shiva Nataraja in Europa eine so breite Auseinandersetzung erfahren hat.
Die Publikation präsentiert Steinskulpturen und Bronzen aus der Zeit der Chola-Fürsten des 9.–12. Jahrhunderts, daneben Holzskulpturen und Malerei späterer Zeiten. Dem Katalog ist eine DVD beigelegt. In rund 15 Minuten werden unter anderem die Entstehung einer Shiva-Bronze und eine Prozession in Südindien gezeigt.
Autor: | Johannes Beltz |